Meine Freundin hat gerade ein Seminar bei Prof. Dr. Gleiter von der TU
Berlin abgeschlossen. Herr Prof. Dr. Gleiter ist eine Koriphäe auf
seinem Gebiet. Am Ende eines Seminars hörte ich mit, als er über
seinen Ansatz für alle Theorie sprach. Er lautet: Theorie soll die
Praxis inspirieren!
Was ist auch sonst der Sinn von Theorie? Theorie ohne Praxis hat,
gerade im Design oder in der Kommunikation, keinen Sinn.
Die Wahl zwischen Theorie und Praxis
Dies ist eigentlich so selbstverständlich, dass es keines weiteren
Nachdenkens bedarf, und doch habe ich das Gefühl, dass jeder, den ich
kenne (zumindest in der Kunst), eine Wahl zwischen Theorie und Praxis
getroffen hat.
Für meine Fotografie habe ich festgestellt, dass ich beide Seiten
interessant finde: Wer sich jenseits der Grundlagen noch mit
fotografischer Theorie auseinandersetzt, erweitert meiner Erfahrung
nach seine praktischen Spielräume.
Insofern denke ich, viele Leute, die nur fotografieren, oder die sich
in ihrem Konsum von Theorie auf technische Ratgeber beschränken,
würden gut daran tun, sich einmal damit auseinanderzusetzen, auf
welchen Wegen sie ihre Gedanken überhaupt durch Fotos kommunizieren.
Theorie blockt Ausdruckskraft?
Den möglichen Einwurf, wer sich zu viele Gedanken um die Theorie
mache, könne seinen eigenen Emotionen und Erfahrungen im Bild nicht
mehr genügend Freiraum bieten, kann ich so nicht nachvollziehen.
In der fotografischen Praxis geht es doch von Anfang an, ob man nun
die Grundlagen der Belichtung und der Komposition, oder Theorien der
Narratologie (Erzähltheorie) anzuwenden übt, darum, durch ständiges
Wiederholen Abläufe und Gedankengänge zu automatisieren. In diesem
Sinne kann, wer vor Reflexion zurückscheut, allgemein nur durch Zufall
ein guter Fotograf werden.
Meiner Ansicht nach sollte man sich, ob man sich als Fotograf
verbessern möchte, oder nur den "künstlerischen Effekt" des
Selbstausdrucks, den die Fotografie bietet, mitnehmen will, je nach
eigenem Interesse ein wenig mit verschiedenen Ansätzen aus
Fototheorie, Bildtheorie, Erzähltheorie und Zeichentheorie
beschäftigen - natürlich immer mit der fotografischen Praxis im Blick!
Fazit: Theorie ist allgegenwärtig
Denn nicht nur die Fotografie basiert auf diesen Theorien, sondern zum
Beispiel auch Design, Malerei und Illustration. Somit bieten sie
wissenschaftliche Ansätze, die uns helfen können, unsere heutige
mediendominierte Welt und ihren Einfluss auf uns besser zu verstehen.
In jedem Falle können diese Ansätze zu spannenden fotografischen
Experimenten inspirieren, und können das Verständnis der heutigen
Medienwelt und insbesondere auch dem Foto in der Praxis grundlegend
verbessern.
Was denkst du über Theorie? Mit welchem Thema in der Fotografie
würdest du dich gerne beschäftigen?
Einen langen Extra-Artikel gibt es jeden Monat auf meiner
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Bleib gesund und munter.
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